Hi!
Nachdem ich nun endlich meine positive AKT 2 Note erhalten habe, habe ich mich dazu entschlossen einen detaillierteren Erfahrungsbericht von meinen beiden Antritten zu geben. Ich denke dass man von einem Bericht einer negativen Prüfung auch einiges lernen kann (which pitfalls to avoid), darum werde ich auch diesen so genau ich kann (Ist doch schon 1 1/2 Jahre her) beschreiben.
Antritt Abele (Dez.20):
Mein Antritt bei Abele war damals wegen Covid über Zoom - Er hat gesagt er würde mir normalerweise einen Kaffee anbieten, aber ich müsste halt heute ausnahmsweise ohne einen auskommen.
1.Zuerst wollte er mit mir über meine Projektarbeit in Gammaspektroskopie sprechen - so eine Arbeit habe ich nie gemacht - da hat er sich wohl vertan. Ich habe ihm das mitgeteilt und er hat es dann auch bleiben gelassen und ist direkt zu den Elementarteilchen übergegangen. Diese und ihre Eigenschaften (Masse, Ladung, Spin, etc.) sollte man natürlich alle kennen. Ich konnte nicht alle Quarkmassen auswendig - da hat er sich ein bisschen drauf aufgehängt, hat es aber nach ein paar Aushilfsversuchen sein lassen.
2.Er hat mich gefragt ob ich ihm lieber etwas über Quarks oder Leptonen erzählen möchte - war mir egal - also hat er für mich Quarks ausgesucht. Hier hat er nur Basics gefragt: Woraus bestehen Mesonen, Baryonen? Warum beobachtet man keine freien Quarks (Hadronisierung)? Ein bisschen was zur running coupling constant und aus welcher Eichsymmetrie sich die starke WW ableiten lässt (SU3 als Stichwort hat ihm gereicht).
3.Danach Rosenbluthformel - Die wollte er auswendig wissen, was ich gekonnt habe (Kann man sich über ihre Bestandteile merken: Rutherford-Term, Mott-Term, usw.). Er wollte dann mehr über die Rutherford Streuung wissen - hatte ich mir für die Prüfung nicht wirklich angeschaut, konnte ihm aber das Experiment grundlegend erklären. Ich habe dann falsch gesagt, dass eines der Erkentnisse des Rutherford Experiments die Ausdehnung des Kerns von 10^-15 m war - er hat mich gefragt warum das nicht stimmt (Energie der Alphteilchen zu gering um so feine Strukturen aufzulösen). Das habe ich ihm gesagt, worauf er wissen wollte warum die Alpha-Energie so gering ist (Alpha Teilchen kommen aus einem Zerfall). Das konnte ich ihm leider nicht sagen - Er hat gesagt ich soll ihm ein Coulomb Potential aufzeichnen - Ich wusste nicht was er meint - Er hat versucht mir ein paar Hints zu geben - Hat nicht funktioniert - Schließlich hat er mir angesagt was ich zeichnen soll. Was er wollte war das Kernpotential mit gebundenen Zuständen + dem Energiewall den ein Teilchen beim Zerfall überwinden muss - die Teilchenenergie ist dann nicht höher als der Energiewall. Die Höhe des Walls wollte er dann auch noch wissen - Habe ein paar MeV geraten - Hat ihm gepasst.
Alles in allem war er hier nicht wirklich zufrieden. Wir haben mehr als 20min nur über Rutherford geredet, wobei er auch sehr viel geredet hat. Wenn man in die Situation kommt, dass er zu erzählen beginnt, sollte man versuchen die Prüfung irgendwie voranzutreiben - Gründe dafür am Ende.
4.Weiter gings mit Tiefinelastischer Streuung. Er wollte wissen was bei hohen Q^2 bei e-p Streuung passiert (Proton bricht auf, man sieht einen Quark-Jet, elastischer WQ sinkt mit Q^6, inelastischer WQ von Q^2 unabhängig). Habe ich ihm so gesagt - Er wollte mehr zu der Q^2 Unabhängigkeit wissen. Habe das Stichwort Bjorken Scaling fallen lassen und ihm die Callan-Gross Beziehung aufgeschrieben. Er hat mich nach der Bedeutung der beiden gefragt (Elastische Streuung an Spin 1/2 Punktteilchen). Konnte ich ihm nicht sagen, was ihm gar nicht gefallen hat. Er ist dann direkt zur nächsten Frage übergegangen.
5.Myonenzerfall aufzeichnen. Not my finest moment - habs auch mit Hilfe von Abele nicht hinbekommen. Konnte ein bisschen mit Leptonenzahlerhaltung argumentieren - habe mir aber Feynmandiagramme zu wenig angeschaut (Ein grober Fehler) und habe mich damit aufgehalten mich selbst zu fragen welcher Mandelstam Channel dieser Zerfall ist (Antwort: gar keiner - es ist ein Zerfall). Mein Tipp hier (abgesehen von Feynmandiagramme gut anschauen): Kapitel 12.1 aus dem Thomson (Leptonenuniversalität) sollte man ihm genauso durchrechnen können - dann ist man hier auf der sicheren Seite.
6.Als letztes hat er mich noch widerwillig gefragt ob ich eine bestimmte Theorie zur schwachen WW kenne - habe ihm V-A Theorie gesagt - hat ihm gepasst - aber die Stunde war dann auch schon rum.
Er hat gesagt: „Naja … weit sind wir nicht gekommen - ich muss Ihnen leider mit dieser Leistung ein Nicht Genügend geben.“
Alles in allem würde ich sagen: fair enough. Ich bin jedoch im Nachhinein ein kleines bisschen verärgert dass er fast ein Drittel der Prüfung mit Erklären verbracht hat und dann am Ende sagt, dass wir nicht weit gekommen sind. Wie oben erwähnt sollte man schauen, dass man, wenn er anfängt übermäßig viel zu erzählen, irgendwie aus der Situation rauskommt und die Prüfung fortsetzt.
Weiters hat Abele die Tendenz off-topic zu gehen - ist wohl der Tatsache geschuldet, dass er versucht die Prüfung wie eine Konversation zu gestalten um es dem Prüfling angenehmer zu machen. Hat für mich nicht wirklich funktioniert - but I appreciate the effort.
Antritt Schiek (Jun.22):
Der Antritt bei Schiek war vor Ort am HEPHY. Ich musste ein paar Minuten in der Bibliothek im ersten Stock warten - dann hat er mich abgeholt und wir sind in sein Büro gegangen. Er hatte einen Stoß leeres Papier, einen Stoß Papier mit Graphen und Angaben darauf, ein 3D Modell vom CMS Experiment, 2 Kugelschreiber und 2 Gläser Wasser auf seinem Tisch stehen.
Er hat mir ein leeres Blatt, einen Kugelschreiber und ein Glas Wasser gegeben, sich selber ein leeres Blatt genommen und hat mit der Prüfung begonnen (Im weiteren hat er alles was ich geschrieben habe auf seinen Zettel abgeschrieben).
1.Barn in GeV^-2: Habe mich natürlich hier Nervenbedingt gleich mal verrechnet - Er hat gesagt dass es ihm egal ist wie ich es mache, solange am Ende das richtige Ergebnis dasteht. Und nach ein bisschen herumeiern habe ich es zur Lösung hingeschafft - hat ihm gepasst.
2.Danach hat er mir eine Graphik gezeigt (letztes Bild auf https://cerncourier.com/a/the-most-precise-picture-of-the-proton/) (falls der link nicht geht einfach „weak ep scattering cc nc“ googlen) auf der Messungen von e-p Streuung über charged und neutral current zu sehen waren. Die CC Kurve gleicht sich ab einem bestimmten Wert der NC Kurve an - Schätzen sie hieraus die Masse des W-Bosons ab. Zuerst war ich ein bisschen verwirrt, aber er hat gemeint ich soll ihm einmal die Feynmandiagramme aufzeichnen und die Propagatoren hinschreiben. Habe ich gemacht - ein Diagramm für CC (über W-Boson) zwei für CC (Z-Boson und Photon). Bei den Diagrammen will er am Leptonenvertex die genauen Teilchen (e- v_e für CC und e-e- für NC), am Protonenvertex reicht ihm p nach x. Dann wollte er wissen wann die beiden Propagatoren denn ungefähr gleich werden - wenn Q >> m_w - Wo fängt denn auf dieser Graphik die CC Kurve an sich der NC Kurve anzugleichen? - bei Q^2 = 10^4 GeV - was schließen sie daraus für die W-Masse - 10^2 GeV - und wie groß ist die W-Masse? - 80 GeV - Passt nächste Frage.
3.Er hat das 3D Modell vom CMS hergenommen und ein paar kurze Fragen gestellt. Was kommt auf den Seiten hinein? (Protonen) Was passiert in der Mitte? (Sie kollidieren und die Zerfallsprodukte gehen nach außen) Warum ist das Experiment so aufgebaut? (Um alle möglichen Zerfallsprodukte bestmöglich detektieren zu können) Zuletzt kam die Frage warum man proton-proton und nicht proton-antiproton Kollisionen durchführt. Meine Antwort war dass Antiprotonen einfach zu schwierig herzustellen sind - Das hat ihm nicht ganz gepasst - Wir sind dann über Umwege auf die Partonverteilungsfunktionen gekommen und haben auch über das Bjorken X geredet. Offenbar lassen sich aufgrund der unterschiedlichen inneren Struktur der beiden Teilchen keine guten WQ’s erzielen? (Ich gebe zu dass ich das dann doch nicht ganz verstanden hab - aber was solls)
4.Skalenverletzung: Er hat die Graphik 8.14 aus dem Thomson rausgesucht, sich kurz angeschaut - eine wegwerfende Handbewegung gemacht (so nach dem Motto: das haben wir grad eh schon alles besprochen) - und ist zur nächsten und letzten Frage übergegangen.
5.Das X-Teilchen: Ein unbekanntes Teilchen in Ruhe zerfällt zu: X → pi_0 + my^+ + v_my. Das ist Bsp. 10.76 aus „1000 Solved Problems in Modern Physics“ von Ahmad A. Kamal (findet man als PDF bei Google). Hier soll man anhand einer Liste von Teilcheneigenschaften die Identität des X-Teilchens bestimmen. Schiek hatte hier den Isospin durchgestrichen - ich weiß aber nicht warum, da dieser bei anderen Kollegen sehrwohl auch gefragt wurde. Die anderen Größen bestricht er dann mit einem kurz durch. Es ergibt sich dann am Ende ein K+ Meson. Zum Schluss hat er mich noch gefragt ob das K* auch schwach zerfallen würde - Eher nicht, da es wahrscheinlichere Zerfallskanäle für dieses Teilchen gibt - Wie zum Beispiel? - Starker Zerfall - Passt.
Das Ganze hat ca. 35 min gedauert. War eine angenehme Prüfung, habe einen Einser bekommen.
Ich hatte das Gefühl, dass es ihm egal ist wie viel er mithelfen muss, solange am Ende das Richtige dasteht. Er scheint das auch nicht in die Benotung miteinzubeziehen. Allerdings muss man sagen, dass die Hilfe die er gibt aus kleineren detaillierteren Fragen besteht, die einen zu großen Antwort hinbewegen sollen. Sprich, man sollte den Stoff natürlich schon beherrschen.
Weiters sollte man sowohl für Schiek als auch Abele die wichtigsten Teilcheneigenschaften und Formeln (Rosenbluth, Bethe Bloch, Goldene Regel,…) auswendig parat haben.
Hope this helps!
Viel Glück bei eurer Prüfung!